Laut Bildungsmonitor 2010, einer arbeitgeberorientierten Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wurden 2008 im Saarland 38,9 Prozent der pensionierten Lehrer wegen Dienstunfähigkeit „vorzeitig in den Ruhestand geschickt“ (Bundesdurchschnitt 22,4 Prozent). Der Grad der Dienstunfähigkeit ist ein Faktor, der neben anderen (s. Kurzfassung der Studie unten) Aufschluss über die Effizienz („Inputeffizienz“) des saarländischen Bildungssystems geben soll.
Niemand wird „geschickt“
Doch diese Aussage ist irreführend. Die Presse, insbesondere die saarländische, übernimmt nur allzugern die Floskel, nach der jemand in den Ruhestand „geschickt“ wird. Das liest sich so, als ob Lehrkräfte, die das vorgesehene Ruhestandsalter von 65 Jahren nicht erreichen (das sind übrigens bundesweit etwa 94 Prozent), sich mal locker ein paar Jahre früher auf Staatskosten absetzen könnten. Hinter dieser erschreckend hohen Zahl dienstunfähiger saarländischer Lehrerinnen und Lehrer stehen jedoch Menschen, die mit der schulischen Situation nicht mehr zurecht kommen. Sie werden krank und sehen als letzten Ausweg nur noch die Flucht in die vorzeitige Entlassung. Dieser Schritt ist mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden. Für die Zeiten, die man früher in Ruhestand geht, müssen empfindliche Ruhegehaltskürzungen hingenommen werden. Nicht selten kommt es daher vor, dass sich Beamte während der letzten Jahre ihres Berufslebens nur noch durch Krankschreibungen über die Runden retten können. Für viele ältere Lehrkräfte ist diese Zeit ein einziger Spießrutenlauf. Sie werden mit Schülerinnen und Schülern konfrontiert, die sich sich im Laufe der Jahre stark verändert haben, die sie nicht mehr erreichen.
Saarland verzichtet auf Altersteilzeitregelung
Daraus entstehen enorme psychische Belastungen, denen im Saarland ganz offensichtlich nicht Rechnung getragen wird. In fast allen Bundesländern gibt es Regelungen zur Altersteilzeit, die den gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglichen sollen. Ein häufiges Modell, wie es beispielsweise auch bei den Bundesbeamten angewendet wird, sieht vor, die Arbeitszeit ab dem 55. Lebensjahr bei 87 Prozent der Bezüge zu halbieren. Für saarländische Lehrkräfte gibt es keine Altersteilzeitregelung. Wer mit den zunehmenden Belastungen nicht mehr zurechtkommt, muss sich entweder dienstunfähig oder dauerhaft krank schreiben lassen. Bildungsminister Kessler hat in seiner ehemaligen Funktion als Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft diesen Missstand oft genug angeprangert. Jetzt hätte er die Gelegenheit, auch etwas dagegen zu tun.
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