Hubert Ulrichs „stille Reserve“

Die Doppelspitze

Habens Sie`s gewusst? Die Saar-Grünen haben eine Doppelspitze. Sie wurde am 10. Juni 2012 gewählt und besteht aus Hubert Ulrich und Claudia Willger (nein, nicht Simone Peter). Jetzt werden Sie sich vielleicht zu recht fragen: Wer ist Claudia Willger? Daher nochmal kurz zur Erinnerung: Claudia Willger war zusammen mit Markus Schmitt als Grünen-Landtagsabgeordnete während der Jamaika-Regierung das schmückende Beiwerk des Landesvorsitzenden Hubert Ulrich. Jetzt ist sie zwar keine Landtagsabgeordnete mehr, dafür aber zweite Speerspitze der Grünen im Land. Das heißt im Klartext: Sie ist nichts. Denn Hubert Ulrich ist sich selbst Spitze genug. Er will keine fremden Götter oder Göttinnen neben sich. Willger hat ihren Zweck erfüllt: Sie sollte durch ihre Kandidatur Simone Peter verhindern, nicht mehr und nicht weniger. Mir ist nicht bekannt, dass Claudia Willger seit ihrem „Amtsantritt“ am 10. Juni jemals irgendwelche Spuren hinterlassen hat. Ab und zu lässt Ulrich sie mal eine öffentliche Erklärung abgeben. Doch alles, was sie dann sagt, wirkt so unwesentlich und dünn, dass man es gleich wieder vergisst …

Wo ist Klaus Kessler?

Ein sehr prominenter saarländische Grüner im Windschatten von Ulrich ist inzwischen von der öffentlichen Bildfläche verschwunden. Klaus Kessler, ehemaliger Bildungsminister, ehemaliger GEW-Landesvorsitzender, ehemaliger Lehrer und Grünen-Landtagskandidat auf Rangplatz drei fehlt plötzlich im Ulrich-Klan. Kessler hatte als Beamter auf Lebenszeit nach der Jamaika-Auflösung glücklicherweise Anspruch auf eine angemessene  Weiterbeschäftigung. Das bedeutete für ihn nicht etwa die Rückkehr an die Schule, wo er zuletzt in der Schulleitung tätig war (immerhin Besoldungsgruppe A15). Das wollte man ihm nicht zumuten, obwohl er das Gehalt eines Gesamtschul-Didaktikleiters 17 Jahre lang ausschließlich für seine Tätigkeit als GEW-Landesvorsitzender weiterbezogen hat. Nein, in solchen Fällen muss eine Verbesserung her, die noch vor dem nahenden Eintritt in den Ruhestand wirksam wird. Dazu schuf man ihm eine neue Stelle in der Verwaltung, die dem Status des Ex-(und Hopp)Ministers entspricht. Kessler ist jetzt Leitender Ministerialrat und bekleidet für die letzten Jahre vor seiner Pension noch eine Stabsstelle beim Sozialministerium mit üppigem Gehalt (Besoldungsgruppe B4, Grundgehalt 7120 Euro). Seine Lehrerstelle wird ihm wohl inzwischen nicht mehr frei gehalten …

Das zarte Pflänzchen der Revolution

Es gibt sie tatsächlich: die innerparteilische Opposition der saarländischen Grünen. Das ist jetzt nicht zynisch gemeint, verdient vielmehr unsere Hochachtung. Die innerparteilische Auseinandersetzung war bei den Grünen früher mal etwas Selbstverständliches. Doch hier im Saarland dürfte sie für alle Ulrich-Gegner das politische Todesurteil bedeuten. Jeder, der sich offen oder versteckt dem „Panzer“ entgegenstellt, bekommt bei den Saar-Grünen keinen Fuß mehr in die Tür. Der Boss hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Er vergisst nichts. Wer bei den saarländischen Grünen abseits der Ulrich-Linie noch was werden will, muss Ulrich erst zu Fall bringen. Es gehörte somit viel Mut und Zivilcourage dazu, gewissermaßen mit offenem Visier auf dem Grünen-Parteitag einen Antrag zu stellen, der die Machtfülle Ulrichs kritisiert und eine „personelle Erneuerung“ fordert.

Die Ulrich-Kritiker kämpfen hier vergeblich gegen eine häufig zu beobachtende saarländische Eigenart: Selbst kleine Geschenke (ein paar warme Worte und ein Freibier im Saarlouiser „Humpen“) belohnt der kleingeistige Saarländer mit einer ehrfürchtigen und unumstößlichen Dankbarkeit. Davon profitiert Ulrich.

Verkommenheit in der Politik: das Beispiel Hubert Ulrich

Dank Hubert Ulrich gibt es für PiSAAR auch in diesen langweiligen Zeiten der saarländischen Regierungsbildung immer noch Erstaunliches zu berichten. Der Grünen-Vorsitzende liefert inzwischen ausreichend Stoff, um damit Bücher zu füllen. Bücher etwa über die zunehmende Verkommenheit der politischen Kultur oder die Unfähigkeit einer Partei, sich gegen die Willkür ihres Vorsitzenden zu wehren.
Die Grünen stellen bundesweit zur Zeit 12,8 Prozent der Abgeordneten in den Länderparlamenten. In den meisten Bundesländern ist die Öko-Partei mit zweistelligen Prozentwerten vertreten. Im Saarland sieht es dagegen düster aus. Hier bewegen sich die Grünen seit der Gründung des Landesverbands im Jahre 1979 beständig im Bereich der 5-Prozent-Marke oder darunter.

Zwei mal über die 5 Prozent getrickst
Hubert Ulrich, Vorsitzender der saarländischen Grünen seit 1991 (mit kurzer Unterbrechung wegen einer Dienstwagen-Affaire), stört das wenig. Es ist ihm vermutlich sogar ganz recht. Denn je mehr Grünen-Abgeordnete im saarländischen Landtag vertreten sind, desto unsicherer wird seine politische Stellung und er müsste mit Widerstand rechnen. Deshalb war die Jamaika-Konstellation für ihn geradezu ideal. Von Claudia Willger und Markus Schmitt war nichts zu befürchten, sie waren ihm gnädig untertan. Nur hatte der grüne Strippenzieher damals nicht damit gerechnet, dass die von ihm eingefädelte Jamaika-Regierung schon nach zwei Jahren aufgelöst wird. Ulrich musste somit die Landtags-Kandidatur seiner einstigen Gegnerin Simone Peter hinnehmen, die ihm vorher als Ministerin nicht gefährlich werden konnte. Und noch schlimmer: Er war sogar auf sie angewiesen, um überhaupt wieder in den Landtag einziehen zu können. Doch Ulrich wäre nicht Ulrich, wenn es ihm nicht gelingen würde, auch in dieser Situation für sich das Bestmögliche rauszuschlagen. Er wusste, dass seine Beliebtheitswerte wegen des Wahlbetrugs und der Jamaika-Spendenaffäre inzwischen ins Bodenlose gerutscht waren. Um dennoch wieder Landtagsabgeordneter zu werden, machte er sich im Wahlkampf quasi unsichtbar und spannte die ehemalige Umweltministerin Simone Peter vor den Karren. Das war diesmal die einzige Chance der Grünen, wieder in den Landtag zurückzukehren. Wie wir wissen, hat auch dieser Trick funktioniert. 2009 war es die Zweitstimmenkampagne, mit der Ulrich penetrant bei der SPD auf Stimmenfang ging. 2012 lässt er einfach jemand anderes für sich die Arbeit machen.

Grüne Lachnummer und Versorgungsmentalität
Soviel Cleverness wäre fast schon bewundernswert, wenn sie nicht ausschließlich dem eigenen Vorteil dienen würde. Denn jetzt, nachdem er dank der Popularität von Simone Peter wieder Landtagsabgeordneter wurde, will er auch schon wieder den Fraktionsvorsitz mit doppelten Abgeordnetenbezügen für sich geltend machen. Die Größenordnung dieser Unverfrorenheit wird sogar beim Grünen-Ortsverband Saarlouis, Ulrichs Hausmacht, wahrgenommen. Seine Saarlouiser Mitglieder schlagen ihm daher vor, sich den Fraktionsvorsitz mit Simone Peter zu teilen. Jeder zweieinhalb Jahre. Doch auch dieser faule Kompromiss trägt nicht der Tatsache Rechnung, dass der Grünen-Vorsitzende durch seine Kandidatur das Abrutschen der Saar-Grünen unter die 5-Prozent-Marke bewusst in Kauf genommen hat. Es war ein gewagtes Spiel, das angesichts der gerade mal so erreichten 5,0 Prozent beinahe schief gegangen wäre. Man kann verstehen, dass Simone Peter sich nicht auf diesen Kuhhandel einlassen will. Sie war das Zugpferd im Wahlkampf, sie hat das Schlimmste verhindert und will verständlicherweise auch die verdiente Anerkennung. Ulrichs unverschämter Anspruch auf einen Fraktionsvorsitz sorgt indessen landesweit für Unverständnis und Kopfschütteln. Und die Grünen-”Fraktion” wird zur Lachnummer: Zwei Abgeordnete erheben den Anspruch, eine Fraktion zu sein (bundesweit einmalig!) und sind nicht in der Lage zu bestimmen, wer von beiden denn nun Vorsitzender des anderen werden soll.

Die Angst vorm grünen Mann
Doch auch ein Mann wie Ulrich kann seine Kräfte nur entfalten, wenn man ihn lässt. Ernstzunehmende innerparteiliche Gegner lassen sich bis jetzt nicht ausmachen. Deutliche Kritik kommt lediglich von der Grünen Jugend Saar.
Unverständlich ist vor allem, warum sich der Ortsverband Saarlouis offensichtlich immer noch als Machthebel Ulrichs missbrauchen lässt. Denn der Kreisvorsitzende von Saarlouis ist kein Geringerer als der ehemalige Bildungsminister Klaus Kessler. Er kandidierte bei der Landtagswahl auf Platz drei. Ihm hat daher das Negativ-Image Ulrichs, der sich auf den sicheren Platz zwei setzte, ganz eindeutig den Einzug ins Landesparlament vermasselt. Ist Kesslers Einfluss als Kreisvorsitzender so gering, dass er Ulrich völlig freie Hand lassen muss? Was macht den “Mafioso” (Daniel Cohn-Bendit über Ulrich) so mächtig, dass alle den Schwanz einziehen?

Das Beispiel Spiesen-Elversberg
Es ist vor allem die unfeine Art, wie Ulrich die meist ahnungslosen Grünen-Mitglieder in seinem Sinne beeinflusst. Beispiel: Ortsverband Spiesen-Elversberg. Dort gab es einen gut arbeitenden Vorstand. Die Mitgliederzahlen wuchsen sprunghaft an. Zum Missfallen Hubert Ulrichs hatte die Vorsitzende des Ortsverbands jedoch die Angewohnheit, sich ab und zu Rat bei Ulrichs Erzfeind Andreas Pollak einzuholen. Der “Panzer” witterte Gefahr und reagierte knallhart. Vor der nächsten Mitgliederversammlung, bei der auch der Vorstand neu gewählt werden sollte, rief Ulrich all’ die vielen neuen Mitglieder des Spiesen-Elversberger Ortsverbands an und machte ihnen unmissverständlich klar, dass die Vorsitzende unbedingt abgewählt werden müsse. Gleichzeitig favorisierte er auch schon seinen Gegenkandidat. Er erschien natürlich “persönlich” auf der Mitgliederversammlung und sorgte kraft seiner Autorität als Landesvorsitzender dafür, dass die bisherige Vorsitzende abgewählt und sein nichtssagender Gegenkandidat neuer Ortsvorsitzender wurde.

Heute ist der Grünen-Ortsverband Spiesen-Elversberg de Facto nicht mehr vorhanden.

Grüne Kuriositäten

Der unsichtbare Spitzenkandidat

Der Grüne Hubert Ulrich hat sein Wahlziel erreicht: er ist wieder Landtagsabgeordneter. Das ist ihm gelungen, indem er genau das Gegenteil von dem gemacht hat, was ein Politiker tut, um gewählt zu werden. Ulrich hat sich im Wahlkampf geradezu versteckt, statt wie das üblich ist, so oft wie möglich öffentlich in Erscheinung zu treten. Es gab kein einziges Wahlplakat mit seinem Konterfei. Der bauernschlaue Grünen-Stratege zeigte mit akribischer Sorgfalt politische Abstinenz statt Präsenz. Ihm war demnach vollkommen klar, dass seine Person dem Ansehen und dem Erfolg der Grünen bei der Landtagswahl nur schaden kann. Ein Rücktritt wäre die logische Konsequenz gewesen, zumal Ulrich dieses ganze Jamaika-Desaster verursacht hatte. Stattdessen „überließ“ er der ehemaligen Umweltministerin Simone Peter die Spitzenkandidatur, setzte sich jedoch auf den sicheren zweiten Platz und nahm damit das Scheitern seiner Partei an der 5-Prozent-Hürde bewusst in Kauf. Dass es nun mit genau fünf Prozent gerade noch so gereicht hat, ist, gemäß seinem Kalkül, allein der Popularität Simone Peters zu verdanken.

Sind zwei Abgeordnete eine Fraktion?

Da den Grünen durch das knappe Wahlergebnis im Landtag nur zwei Abgeordnete zustehen, kommt wieder mal so eine spezielle saarländische Besonderheit zum Tragen: Auch wenn eine Partei im Landtag nur zwei Abgeordnete stellt, sind diese nach saarländischem Recht schon eine Fraktion. Und damit steht dieser Fraktion auch ein Fraktionsführer zu, der das doppelte eines normalen Abgeordneten verdient. Doppelte Diäten also für die Aufgabe, sich selbst und noch eine andere Person zu „führen“. Das gibt es in keinem anderen Bundesland!
Diese Situation entstand schon einmal, als die ehemalige Grünen-Landtagsabgeordnete Barbara Spaniol zu der Linkspartei wechselte. Ulrich, der den Fraktionsvorsitz immer schon für sich gepachtet hatte, durfte damals im Zweiergespann mit Claudia Willger-Lambert weiterhin doppelt kassieren. Er wird auch jetzt wieder auf diese großzügige finanzielle Ausstattung spekulieren, die das Land jährlich etwa 50000 € zusätzlich kostet.
Nebenbei bemerkt: Diese irrwitzige Regelung haben die Grünen der SPD zu verdanken. Der ehemalige SPD-Ministerpräsident Reinhard Klimmt wollte damit den Grünen einen Gefallen tun, um sie sich für eine mögliche Koalition warm zu halten. Es hat ihm bis jetzt nichts genützt, wie wir inzwischen alle wissen.
Die neue Regierung sollte schleunigst für den Fraktionsstatus wieder drei Abgeordnete verpflichtend machen. Diese Zweier-Sonderregelung ist nach außen hin nicht zu vermitteln, zumal das Saarland die Schuldenbremse einhalten muss, was ja von den Regierungskoalitionsparteien CDU und SPD immer wieder betont wird. Außerdem machen wir uns zum Gespött für die ganze Republik.

Zwei Grüne, die sich nicht grün sind

Mit der Mini-Fraktion aus Simone Peter und Hubert Ulrich kommen zwei Grüne in den Landtag, die sich untereinander alles andere als grün sind (wir berichteten). Simone Peter muss sich nun allein gegen den Intriganten und Strippenzieher Ulrich durchsetzen. Das wird äußerst schwierig, zumal Ulrich immer noch seine Hausmacht, die Delegierten aus Saarlouis, hinter sich hat. Die Saarlouiser Delegierten bilden einen Anteil von fast 50 Prozent. Damit beherrscht Ulrich den Landesverband fast nach Belieben. Es könnte jedoch sein, dass auch dort nach Jamaika seine Beliebtheitswerte gesunken sind. Für diesen Fall hat Ulrich sicherlich auch schon eine Lösung bereit: Er bietet Simone Peter den Landesvorsitz an und sie überlässt ihm im Gegenzug den Fraktionsvorsitz. Damit kann er die nächsten fünf Jahre gut leben.

Grüne Wahlarithmetik

Simone Peter will zwar Rot-Grün aber nicht Rot-Rot-Grün (NewsEcho 13. Februar). Ist das ein Sinneswandel oder hat der Boss das so angeordnet? Jedenfalls verschaffen sich die Grünen auf diese Weise größtmögliche Flexibilität. Peter steht für ein mögliches Bündnis mit der SPD. Wenn das rechnerisch nicht reicht, wird sich Hubert Ulrich der CDU anbieten.  Das ist die unweigerliche Konsequenz dieser Strategie, falls die Grünen wieder in den Landtag kommen und FDP und Piraten an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Ein schwarz-grünes Bündnis darf man also nicht einfach so von der Hand weisen.

Wer demnach Grün wählt, weiß auch diesmal nicht, was mit seiner Stimme passiert. Man sollte daher sicherheitshalber im Saarland erst dann wieder die Grünen wählen, wenn die Partei von einer berechenbaren Persönlichkeit geführt wird. Die vorgetäuschte Einigkeit eines „Quartetts“ oder auch einer „Doppelspitze“ löst die Probleme der Saar-Grünen nicht.

Simone Peter soll`s richten

Hubert Ulrich nimmt sich aus dem Blickfeld

Grünen-Landesvorsitzender Hubert Ulrich „verzichtet“ laut Angaben der Saarbrücker Zeitung auf Platz 1 der Landesliste für die Landtagswahl am 25. März. Er überlässt der ehemaligen Umweltministerin Simone Peter den Spitzenplatz, heißt es offiziell. Ulrich reagiert damit auf den Druck der Basis und auf schlechte Wahlprognosen, die die saarländischen Grünen zur Zeit bei knapp fünf Prozent sehen. Er nimmt sich aus dem Blickfeld in der Hoffnung, dass die angesehene Exministerin die Grünen über die Fünf-Prozent-Hürde bringt.

Der zweite Versuch
Für Simone Peter ist dies der zweite Versuch, sich gegen den „Panzer“ Hubert Ulrich durchzusetzen. Sie hat bereits im September 1999 als Spitzenkandidatin der Saarbrücker Grünen für den saarländischen Landtag kandidiert. Ihre Gegnerschaft zu Ulrich war damals schon so groß, dass sie sich zusammen mit dem späteren Saarbrücker Grünen-Bürgermeister Hajo Breuer bei der damaligen Grünen-Bundesvorsitzenden Renate Künast massiv über die Machenschaften Ulrichs beschwerte. Zu den Vorwürfe zählten: Skrupelloses Vorgehen gegen missliebige Mitglieder, Verdacht von Mitgliedermanipulationen und Mitgliederbetrug. Eine Unterstützung durch den Bundesvorstand blieb jedoch aus. Die Grünen-Spitzenpolitiker in Berlin fühlten sich durch den schon lange währenden innerparteilische Zoff an der Saar nur noch genervt. Bei der Wahl scheiterten die Grünen mit 3,2 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Simone Peter ging nach Berlin und baute dort die Agentur für Erneuerbare Energien mit auf.

Der Strippenzieher macht weiter
10 Jahre später nimmt Ulrich Simone Peter und Klaus Kessler, beide Anhänger eines rot-roten Regierungsbündnisses, ins Jamaika-Kabinett. Ein geschickter Schachzug des „Mafioso“ (so bezeichnet von Parteifreund Daniel Cohn-Bendit), der dazu diente, die parteiinternen Kritiker zum Schweigen zu bringen. Für Ulrich spielt es keine Rolle, ob er bei der Landtagswahl auf Platz 1 oder 2 steht. Er wird auf jeden Fall weiterhin versuchen die Strippen zu ziehen. Peter und Kessler sollen ihm dazu verhelfen, wieder in den Landtag zu kommen, wo er dann wohl den Fraktionsvorsitz für sich beanspruchen wird. Dieses Amt verschafft ihm neben den doppelten Diäten den größtmöglichen politischen Einfluss. Auf den Fraktionsvorsitz hatte er selbst nach seinem Rücktritt als Landesvorsitzender wegen der Ford-Dienstwagen-Affaire (1999) nicht verzichtet. Es ist äußerst fragwürdig, ob die Grünen unter diesen Umständen als möglicher Partner für die SPD in Frage kommen, auch wenn Simone Peter dies anstrebt. Solange Ulrich als Partei- und Fraktionsvorsitzender die Fäden zieht, sind die Grünen für die Sozialdemokraten tabu. Wenn Heiko Maas sich nun in eine große Koalition flüchtet, hat dies sicherlich auch etwas mit der Person Hubert Ulrichs zu tun. Die einzige Lösung diese Dilemmas wäre Ulrichs Rücktritt als Parteivorsitzender noch vor der Landtagswahl oder seine Abwahl durch die Delegierten bei der heutigen Landeswahlversammlung. Beides gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Simone Peter muss man auf jeden Fall Anerkennung spenden, weil sie den Mut aufbringt, sich gegen diesen verschlagenen Politiker aufzustellen. Das wird nicht einfach. Wir wünschen ihr viel Kraft und Durchstehungsvermögen!

Der letzte „Jamaikaner“

Hubert Ulrich versteht nichts

Im Saarland scheitert eine Regierung bereits nach zwei Jahren. Neuwahlen sind erforderlich. Vier Minister und und sechs Staatssekretäre werden entlassen und müssen nun vom Steuerzahler üppig versorgt werden. Das Ende von Jamaika hinterlässt ein politisches Trümmerfeld und kommt unser Land – nicht nur finanziell – teuer zu stehen.
Das Szenario erinnert stark an den Untergang des Passagierschiffs Costa Concordia, das letzte Woche ein unverantwortlicher Kapitän in die Klippen gesteuert hatte. Im Unterschied zur Costa Concordia sitzt jedoch der Verursacher des Jamaika-Desasters nicht hinter Gittern. Er braucht sich noch nicht einmal für das zu verantworten, was er angerichtet hat. Hubert Ulrich, der Ziehvater der Jamaika-Koalition, kann und will immer noch nicht begreifen, was passiert ist. Er verteilt Rundumschläge, verbreitet öffentlich Verschwörungstheorien und beschimpft die Parteivorsitzenden von CDU und SPD, es ginge ihnen ja nur um „Pfründe und Machtverteilung“.
Soviel Unverfrorenheit und Verlogenheit haut einen schlichtweg um.

Wie „Saarmaika“ entstanden ist
Erinnern wir uns zurück:
Im Landtags-Wahlkampf 2009 ließ Ulrich keinen Zweifel aufkommen, dass die Grünen eine dritte Amtszeit von Ministerpäsident Peter Müller verhindern wollten. Der Landesvorsitzende beteuerte fleißig seine Nähe zur SPD und bettelte dort um Zweitstimmen für seine Partei, um den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Der einzige, dem dieses Verhalten damals schon suspekt erschien, war Oskar Lafontaine. Er warnte zurecht: „Wer grün wählt, wird sich schwarz ärgern“. Was die SPD sicher nicht wusste: Zu dieser Zeit flossen bereits kräftig die Spenden des Unternehmers Hartmut Ostermann an die Grünen. 53000 Euro haben die Grünen nach ihren eigenen Angaben vor der Wahl erhalten. Nicht überprüft wurden bisher Gerüchte, wonach Ostermann an Ulrich auch privat gezahlt haben soll, damit dieser im Ernstfall ein Regierungsbündnis aus SPD und Linke verhindere. Jedenfalls hatten die Grünen vor 2008 niemals auch nur einen Cent von Ostermann erhalten. Später hieß es, das Unternehmen wolle mit den Spenden eine „ökologische Wirtschaftspolitik“ fördern.
Es zeigte sich, dass der Multimillionär mit Ulrich, der bei ihm außerdem schon seit Jahren auf der Lohnliste stand, ein gutes Händchen hatte. Die Grünen schafften mit Hilfe der Leihstimmen aus dem SPD-Lager die fünf Prozent und wurden Zünglein an der Waage. Ulrich führte wochenlang Schein-Koalitionsverhandlungen mit SPD und Linke und brachte die getreuen, handverlesenen Delegierten (vorwiegend aus Saarlouis) schließlich dazu, seiner „Entscheidung“ für Schwarz-Gelb zu folgen.

Die Bösen sind immer die anderen
Hubert Ulrich ist der Drahtzieher dieser „Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners“. Auch wenn es sich letztlich nicht juristisch nachweisen lässt: Er wird den naheliegenden Verdacht, gekauft worden zu sein, niemals ganz ablegen können. Er schafft es noch nicht einmal jetzt, nachdem sein angebliches Experiment gescheitert ist, eigene Fehler zuzugeben. Schuld sind immer die anderen.
Noch am Mittwoch sprach er im Landtag von dem „überraschenden Ende“ dieser Koalition, die doch „gut funktioniert“ habe. Er faselt von „Verschwörungstheorien“ (die Einberufung des Untersuchungsausschusses zur Einflussnahme Ostermanns auf die Regierungsbildung) und von einem „Märchenbuch“, das seine bösen Feinde in Auftrag gegeben hätten, um ihm zu schaden. Mit dem „Märchenbuch“ meint er offensichtlich „Die Jamaika-Clique“ von Wilfried Voigt. Voigt ist ein angesehener freier Journalist, der viele Jahre für die Frankfurter Rundschau und den Spiegel gearbeitet hat. Sein Buch ist großartig recherchiert. Selbst wenn nur die Hälfte von dem stimmte, was Voigt über Ulrich zu berichten weiß, dürfte dieser politische Amokläufer im Gewand der Grünen keinen Tag länger Volksvertreter sein.

Landesparteitag der Grünen – ein Armutszeugnis

Während in ganz Deutschland der Widerstand gegen die Atomlobby einen neuen Höhepunkt erreicht, sitzen etwa 100 saarländische Grüne frohgelaunt im Spiesen-Elversberger Zentrum für Kommunikation und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. Sie bezeichnen diese absurde Veranstaltung als Landesparteitag. Es spielte wahrscheinlich keine Rolle, dass als Termin für diesen Parteitag gerade das Wochenende der Castor-Transporte ausgewählt wurde. Vielleicht hat man sich schon damit abgefunden, dass die Saar-Grünen durch ihre Ehe mit Schwarz-Gelb kaum noch glaubwürdig gegen verlängerte Atom-Laufzeiten demonstrieren können.

Warum nun dieser Parteitag? Ganz einfach: der Boss brauchte ein geeignetes Forum, um sich nach den massiven Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der Jamaika-Entstehung endlich mal wieder in der Öffentlichkeit zu zeigen. Vielleicht auch um zu demonstrieren, dass es außer ihm auch noch eine Basis gibt. Tatsächlich haben die Grünen im Saarland nach eigenen Angaben noch so etwa 1200 Mitglieder. Doch trotz des gegenwärtig enormen Aufwärtstrends der Partei gibt es hierzulande mit 0,5% die geringste Mitgliederzuwachsrate aller 16 Landesverbände (bundesweit 4,6%). Auch wenn der Saarland-Trend den Grünen im Moment landesweite 9 Prozent verheißt, dürfte dies kein Grund zu Begeisterungsausbrüchen sein, denn bundesweit liegt die Akzeptanz inzwischen bei über 20 Prozent.

Grüne in der Westentasche
Doch Grünen-Chef Hubert Ullrich lässt sich nicht beirren. Er beschäftigt sich nach wie vor am liebsten mit den selbstauserwählten Delegierten, die natürlich vornehmlich aus seinem Wahlkreis Saarlouis kommen. Sein Interesse als Landesvorsitzender an den Parteimitgliedern beschränkt sich auf deren Abstimmungsverhalten. Da lässt er nichts anbrennen. Hauptsache, die eigenen Mehrheitsverhältnisse sind nicht gefährdet. Falls doch, werden die betreffenden Personen per Telefonaktion nach Möglichkeit solange bearbeitet, bis sie ihre Meinung geändert haben. Es juckt ihn auch nicht, wenn beim Taktieren mal ein kompletter Ortverband verloren geht wie beispielsweise in Spiesen-Elversberg, wo die Grünen inzwischen nur noch durch eine Person repräsentiert werden.

Inzwischen hat Ulrich sein Ziel erreicht. Er hat fast nur noch Abnicker um sich versammelt und die Saar-Grünen bieten insgesamt ein jämmerliches Bild. Es hat den Anschein, als wären sie allesamt in die innere Emigration geflüchtet. So wagt denn auch niemand, durch kritische Äußerungen die Idylle des Pseudo-Landesparteitags zu stören. Und Ulrich kann den Delegierten (und mehr noch der Presse) mit stolz geschwellter Brust verkünden, welche großartigen landespolitischen Erfolge die Grünen bislang in der Jamaika-Koalition erzielt hätten. Und wie gut doch die Zusammenarbeit mit den Koalitionspartnern CDU und FDP funktioniere.

Politshow und Selbstbeweihräucherung
Geschäftsführer Markus Tressel bemüht sich, die grüne Erfolgsbilanz näher zu präzisieren und nennt die Abschaffung der Studiengebühren für das Erststudium, die Umsetzung des Nichtraucherschutzes (im Moment gerichtlich auf Eis gelegt) sowie die Einführung des Kooperationsjahres. Es handelt sich also um Vorhaben, die eindeutig in den Koalitionsvereinbarungen festgelegt waren. Die Zuhörerinnen und Zuhörer sollten also applaudieren, weil in diesen Punkten die Wahlversprechen eingehalten wurden. Ist das der neue Politikstil? Müssen wir jetzt demütig und dankbar sein, wenn die Politik mal das macht, was sie verspricht?
Dieser Landesparteitag war eine reine Show. Er war das krasse Gegenteil von dem, was grüne Politik einmal bedeutet hat, nämlich Offenheit, konstruktive Auseinandersetzung und innerparteiliche Toleranz. Nach nicht einmal drei Stunden ging man selbstzufrieden wieder nach Hause. Kein Wort der Kritik zu dem Desaster in Sachen fünftes Grundschuljahr, keine Auseinandersetzung mit der Spendenaffaire, keine Distanzierung vom Wahlbetrug und der Rücknahme zugesicherter Leistungen wie das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr und die kostenfreie Nachmittagsbetreuung. Keine Stellungnahme zu den neuerlichen Kürzungen bei den ambulanten Hilfen zur Schulbildung von Kindern mit Behinderungen und den finanziellen Einschränkungen bei der Schülerbeförderung. Selbstbeweihräucherung auch von dem grünen Bildungsminister Klaus Kessler: Wieviel Geld doch die Landesregierung trotz Haushaltsnotlage für die Bildung in die Hand genommen habe. Er verschweigt dabei, dass er in seiner Regierungserklärung zur Bildungspolitik vor etwas mehr als zwei Monaten noch genau die Leistungen zugesichert hat, die nun gestrichen wurden.
Doch der größte Flop der jetzt einjährigen Regierungsbeteiligung war zweifelos das unglückselige Lavieren mit der Einführung eines fünften Grundschuljahres zum Zwecke des längeren gemeinsamen Lernens. Diesen faulen Kompromiss ließen sich die Grünen von den Koalitionspartnern CDU und FDP auf Auge drücken. Kessler musste es ausbaden und holte sich erwartungsgemäß ein blaues Auge. An dem Vorhaben hagelte es Kritik von allen Seiten. Die SPD bereitete dem Spuk schließlich ein Ende, indem sie rechtzeitig klarmachte, dass sie der damit erforderlichen Verfassungsänderung niemals zustimmen werde. Grünen-Politik, die in ihrer Stümperhaftigkeit kaum noch zu überbieten war.

Der „Lichtblick“
Doch immerhin gibt es ja noch den Lichtblick: die grüne Umweltministerin Simone Peter. Sie macht politisch eine gute Figur, wirkt glaubwürdig und zeigt Entschlossenheit. Und Hubert Ulrich nutzt diesen Umstand geschickt: er tritt kaum noch öffentlich in Erscheinung und lässt die Frau in den Vordergrund treten, die letztes Jahr von Berlin geholt wurde – völlig frei vom Ostermann-Virus.

Spendenverdacht hält sich hartnäckig

Der Verdacht, dass der Grünen-Vorsitzende Hubert Ulrich Spendengelder von dem saarländischen Großunternehmer und FDP-Politiker Hartmut Ostermann bekommen hat, hält sich hartnäckig. Linken-Parteichef Lafontaine behauptet sogar öffentlich, Jamaika sei von einem FDP-Unternehmer zusammengekauft worden.

Ulrich wehrt entsprechende Presseanfragen stets heftig ab oder bleibt nebulös: „Wir werden keine einzige Spende, so es sie gegeben hat, vertuschen.“ Er weist zudem auf das Parteienfinanzierungsgesetz hin, wonach Spenden unter 10000 € mit Rücksicht auf die Identität der Spender nicht veröffentlicht werden müssen.

Doch versuchen wir es mal andersrum. Versetzen wir uns in die Rolle des mutmaßlichen Spenders: Der Multimillionär Hartmut Ostermann saß schon mal wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis und konnte damals nur durch eine Selbstanzeige der Verurteilung entgehen. Inzwischen hat er dazugelernt. Statt Steuern zu hinterziehen, investiert er in die Politik. Das ist langfristig viel effektiver. Nach der Landtagswahl am 30. August drohte ihm eine rot-rot-grüne Regierung – ein gigantischer Unsicherheitsfaktor für einen Unternehmer, der so viel Geld zu verlieren hat wie er. Doch mit Hubert Ulrich bietet sich ihm eine einmalige Chance. Ulrich ist der Mann, der Rot-Rot-Grün verhindern kann und er steht außerdem noch auf seiner Lohnliste. Ostermann müsste verrückt sein, wenn er diese Chance nicht nutzt. Effektiver und zielgerichteter kann er Parteispenden nicht einsetzen. Damit hat er die Möglichkeit, sich direkt bei Hubert Ulrich seine gewünschte Regierung zu kaufen. Den Kaufpreis wird er natürlich nicht auf das Konto der Saar-Grünen überweisen. Die würde er damit nur in Verlegenheit bringen. Es geht viel einfacher: Er überweist auf das Geschäftskonto von Hubert Ulrich. Dorthin gingen schließlich auch alle anderen Zahlungen, die im Laufe der langjährigen Geschäftsbeziehung mit Ulrich geflossen sind. Und alles Weitere geht ihn nichts mehr an.

Natürlich sind das alles nur Spekulationen. Das möchte ich hier ausdrücklich betonen. Sollte es allerdings tatsächlich einen größeren Spendenbetrag gegeben haben, dann wird es wohl so gelaufen sein. Aber ich lasse mich auch gern (per Kommentar) eines Besseren belehren.

Koalitionsvertrag mit viel Wenn und Aber

Augen zu und durch!

Die Saar-Grünen haben bereits am Freitag auf ihrer Homepage den Koalitionsvertrag der Jamaika-Regierung zum Download freigegeben. Damit sollte sicherlich demonstriert werden, wie stolz man auf das Erreichte ist, niemand sollte auf die Idee kommen, jetzt noch etwas anzuzweifeln. Und ihre Delegierten gaben dem Papier dann auch heute auf dem Parteitag in Spiesen-Elversberg endgültig den Segen, nachdem Landesvorsitzender Hubert Ulrich noch einmal hervorhob, wie hervorragend die Grünen ihre Positionen einbringen konnten.

Um dies jedoch objektiv einzuschätzen zu können, wäre es nötig zu wissen, welche Sondierungsvereinbarungen mit SPD und Linken getroffen wurden. Die Saarbrücker Grünen haben es gewagt, diese Vereinbarungen anzufordern und wurden prompt abgewiesen: Man könne das Papier nicht herausgeben. Mit den anderen Parteien sei Vertraulichkeit vereinbart worden.

Aussagen zur Bildung weitgehend unverbindlich

Uns interessiert im Koalitionsvertrag vor allem der Bereich Bildung. Schaut man sich die zugrundeliegenden Texte einmal genauer an, fällt vor allem der häufige Gebrauch des Konjunktivs auf („soll“, „wir wollen“). Oder es werden Formulierungen angewendet, die es erlauben insbesondere unter Finanzvorbehalt jederzeit wieder einen Rückzieher machen zu können. So heißt es dann auch gleich zu Anfang unter Bildungsausgaben: „ … Gleichzeitig wird angestrebt, den Anteil der Ausgaben für Bildung und Wissenschaft am Landeshaushalt schrittweise auf 30% zu erhöhen.“ Das sind Formulierungen, die sich auf nichts festlegen. Angesichts der Tatsache, dass die Schuldenlast des Saarlandes mit dem nächsten Nachtragshaushalt auf 11 Millarden Euro anwachsen wird, könnte sich das Koalitionspapier schnell als Makulatur erweisen. Eine Verringerung der Bildungsausgaben ist wahrscheinlicher. Die Jamaika-Regierung wird mit aller Macht versuchen, die Schulstruktur an den (bundesweit überdurchschnittlichen) Bevölkerungsschwund im Saarland anzupassen. Und damit wären wir dann wieder bei der alten saarländischen Tradition angelangt: Bildungspolitik ist und war bei uns immer schon gleichbedeutend mit Sparpolitik.

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Das Saarland blamiert sich

Müssen wir uns wieder schämen, weil wir aus dem Saarland sind? Die Aufmerksamkeit der gesamten Republik gilt derzeit dem grünen Filz an der Saar. Online-Ausgaben maßgeblicher Tages- und Wochenzeitungen wie die Zeit, der Spiegel, die Stuttgarter Zeitung, der Stern und die TAZ bringen unverhohlen ihre Kritik am Zustandekommen der Jamaika-Koalition zum Ausdruck. Lediglich die Saarbrücker Zeitung hält sich (noch?) diskret zurück und spricht nur am Rande von möglichen privaten Interessen, die den Vorsitzenden der Saar-Grünen Hubert Ulrich angetrieben haben könnten. Über das tatsächliche Ausmaß des grünen Schmierentheaters, das sich derzeit im Aufsteigerland abspielt, müssen wir uns überregional informieren.

Dort erfahren wir zum Beispiel, dass Ulrich schon seit 2001 von dem umstrittenen saarländischen Multimillionär und FDP-Politiker Hartmut Ostermann bezahlt wurde und keiner weiß wofür. Ulrich nennt den Betrag von 1500 € monatlich. Die Summe erscheint ihm offenbar so gering, dass er sie ruhig zugeben kann. Nein, das habe natürlich keinen Einfluss auf seine Entscheidung gehabt. Ulrich, so die Stuttgarter Zeitung von heute, denkt sich auch nichts dabei, wenn er Delegierte vor wichtigen Parteitagen zu Hause anruft, um sie für seine Positionen weichzuklopfen.

Assistiert wird er neuerdings von den Mitgliedern des Grünen Landesvorstands, die ersehnte Jobs in der neuen Regierung bekommen sollen. Das ist zum einen der saarländische GEW-Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher der Grünen, Klaus Kessler. Er soll neuer Bildungsminister werden. Das ist ebenso der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Klaus Borger. Der sorgte schnell mal in seinem Grünen-Ortsverband Merzig für die Abwahl von zwei Delegierten für den kommenden Landesparteitag, der die Jamaika-Koalition absegnen soll. Beide gelten als rot-rot-grüne Abweichler. Borger, gegen den der saarländische Umweltminister Stefan Mörsdorf (CDU) auch schon mal die Justiz bemühte um ihn mundtot zu machen, ist für das Amt eines Umwelt-Staatssekretärs im schwarz-gelb-grünen Regierungsbündnis vorgesehen. Alle Schmähungen und Demütigungen der Vergangenheit sind vergessen.

Immerhin hat sich bei den Grünen inzwischen eine innerparteiliche Opposition gebildet, die eventuell eine Befragung der Basis zur Koalitionsaussage erzwingen will. Doch Hubert Ulrich geht kein Risiko ein: Der Termin für den Landesparteitag wurde kurzerhand um eine Woche vorverlegt. Abgestimmt über Jamaika wird daher schon am nächsten Sonntag und nicht wie ursprünglich vorgesehen am 14. November. Der „Mafioso“ (Daniel Cohn-Bendit) hat entschieden.