Die „Quelle der politischen Stabilität“

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Der Bundesrat: Machtinstrument der Länder und mächtiger als die Bundesregierung

Werner Kolhoff, Redakteur der Saarbrücker Zeitung, bezeichnete anlässlich der 1000. Sitzung des Bundesrates den deutschen Föderalismus als „Quell der politischen Stabilität“. Damit hat er wohl in erster Linie seinen eigenen Job gemeint.

Es gibt für das Saarland nur eine einzige Tageszeitung. Die Menschen hier in diesem kleinen Bundesland sind darauf angewiesen, diese Zeitung zu lesen, wenn sie etwas über ihr Land erfahren möchten. Doch das hat mit Stabilität nichts zu tun. Es ist einfach nur die Ausübung von medialer Macht. Und damit das Gegenteil von Offenheit und Meinungsfreiheit, wie sie sich vor allem in jounalistischer Vielfalt darstellen sollte.

Kleinstaatliche Banalitäten

Die Saarbrücker Zeitung macht sich stark für kleinstaatlichen Egoismus und Banalitäten, für einen Zustand, von dem sie selbst am meisten profitiert. Denn wer interessiert sich schon außerhalb des Saarlandes für ein Bundesland von der Größe eines Landkreises, für einen kleinen Fleck auf der deutschen Landkarte. Wer nimmt denn ein Bundesland ernst mit weniger als einer Million Einwohnern, dafür aber sieben Ministerien plus Staatskanzlei, einer aufgeblähten Verwaltung, einem Vollzeitparlament mit fünjähriger Legislaturperiode und 51 Abgeordneten, die nur eine katastrophale Infrastruktur verwalten. Filz und Vetternwirtschaft treiben hier ihre Blüten, völlig unbeachtet von den überregionalen Medien. Im Saarland herrscht Narrenfreiheit, nicht nur in der Faschingszeit.
Niemand im Bund interessiert sich für das, was wir hier treiben. Und unser einziges Presseorgan braucht nur den Ball flach zu halten, damit alles so weiter läuft wie bisher. Angesagt ist ein gemäßigter Jounalismus. Ein Großteil davon sind regionale aufgeblähte Banalitäten und Lappalien, die den Lokalpatriotismus hochhalten sollen.

Corona bringt es ans Licht

Doch die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie hilflos unsere politischen Vertreter agieren, wenn es darum geht, außerhalb der eingefahrenen Gleise aktiv zu werden. Die saarländische Landesregierung, ausgestattet mit einer satten Regierungsmehrheit der Großen Koalition, wurde durch das Virus vollkommen aus der Bahn geworfen. Denn wie in den großen Bundesländern war diesmal auch für das Saarland konkretes Handeln angesagt. Das Land sollte seine immer wieder betonte föderalistische Eigenständigkeit unter Beweis stellen und notwendige Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergreifen.

Inkompetenz und Ratlosigkeit

Doch dieser plötzliche Handlungszwang hat bisher nur zu einem großen Durcheinander auf allen Ebenen geführt. Die Empfehlungen der Bundesregierung sollten an die saarländischen Verhältnisse angepasst werden. Doch hierzulande verbreiteten sich nur Chaos und Inkompetenz. Zur Zeit hat das Saarland den schlechtesten Inzidenz-Wert bundesweit, Schülerinnen und Schüler haben seit Monaten keinen geregelten Unterricht. Oberstufen sollen auf Biegen und Brechen immer noch nach den unsinnigen G8-Richtlinien Abitur machen und eine großartig angekündigte Impfung für ältere Menschen ist bisher kläglich gescheitert.
Würden wir zu Rheinland-Pfalz gehören, hätten wir jetzt den besten Inzidenzwert bundesweit.
Es wird Zeit, über eine neue Ländergliederung nachzudenken!

Arno Malburg

G9 – ein Nachruf

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Saarländisches Trauerspiel

Die Rückkehr zu G9, dem Abitur an Gymnasien in 9 Jahren, hat im Saarland keine Chance. Alle Argumente gegen das Turbo-Abitur in  8 Jahren (G8) wurden ignoriert. Damit begräbt die Saarländische Groko-Landesregierung still und heimlich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse und alle Hoffnungen der Schüler, Lehrkräfte und Eltern. Das pädagogisch völlig unsinnige G8 wird an saarländischen Gymnasien zum Dauerzustand. Eine Schulzeitverkürzung wird zementiert, die aussschließlich finanziell und ökonomisch begründet wird und den betroffenen Schülerinnen und Schülern ein ganzes Jahr wichtiger Entwicklungszeit wegnimmt. 

Erbärmlicher Widerstand
Nachdem inzwischen die meisten Bundesländer wieder zu G9 zurückgekehrt sind oder zumindest teilweise eine 9jährige Gynasialausbildung anbieten, hält man im Saarland stur und verbissen an G8 fest.Vernünftige Gründe hat es für diese Haltung noch nie gegeben. Ausschlaggebend waren immer Sparbestrebungen und eine grundsätzliche Kontroverse zwischen den saarländischen Regierungsparteien. Die Saar-CDU lässt keine Möglichkeit aus, das wichtige Bildungsressort von SPD-Minister Ulrich Commerçon mit allen erdenklichen Mittel zu boykottieren, um die eigene konservative Bildungspolitik voranzutreiben. Dazu gehörte ein Bürgerbegehren, das den Eltern keine Chance bot, die notwendige Anzahl von G9-Befürwortern zu erreichen. Dazu zählt eine Anhörung der Elterninitiative im Saarländischen Landtag, die von der CDU dazu genutzt wurde, die Elternvertreter mit fadenscheinigen Aussagen vorzuführen. Letztendlich war die CDU – obwohl Koalitionspartner – noch nicht einmal bereit, mit der SPD über das Thema G9 zu sprechen. Commerçons vorsichtige Annäherung an die Eltern wurde gnadenlos abgeblockt, die konservativen Lehrerverbände leisteten der CDU Schützenhilfe und die Schulleitungen der Gymnasien zeigten sich unflexibel und hielten an ihrer starren Haltung fest.

Nötigung
Doch inzwischen existiert (hinter vorgehaltener Hand) noch ein anderer Grund für das Beharren auf G8. Dabei handelt sich um eine Argumentation, die eigentlich nur als infam bezeichnet werden kann. Man befürchtet, die Gemeinschaftsschule könnte durch eine Rückkehr zum G9 an Gymnasien potentielle Schüler verlieren. Die Gemeinschafsschulen (GemS), die ein Abitur in 9 Jahren anbieten, würden auf diese Weise zur reinen Restschule verkommen. Man rechnet also fest damit, dass die gescheiterten G8´ler zu Gemeinschaftsschulen oder berufsbildenden Oberstufen abwandern, um deren Überleben zu sichern. Eltern oder Kindern, die den G8-Stress nicht mitmachen wollen, bleibt als Notlösung nur der Weg über die GemS. Sowas nennt man Nötigung! Und was vom Abitur an der GemS zu halten ist, können Sie hier nachlesen.

CDU riskiert den Lehrer-Kahlschlag

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Das klassische CDU-Lehrerbild:
Einer spricht, alle hören zu

Die saarländische CDU zeigt ihr wahres Gesicht. Der Affront gegen den unbequemen Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) ist jetzt offen und deutlich. Die Schwarzen begnügen sich nicht mehr damit, Commerçon gelegentlich Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Inzwischen wird mit offenem Visier gekämpft.

Wenn`s um Geld geht, lässt die CDU nicht mit sich spaßen. Auch dann nicht, wenn es um Geld geht, das unseren Kindern zugute kommen soll. Bisher hat sich die Saar-CDU bemüht, ihre bildungsfeindliche Grundhaltung nach Möglichkeit nicht offen zutage treten zu lassen. Wichtige Themen wie z.B. eine möglichen Rückkehr zu G9, dem Abitur nach 9 Jahren, wurden einfach totgeschwiegen. Die Elterninitiative G9jetzt ließ man mit einem Volksbegehren auflaufen, das niemals erfolgreich sein konnte. Die CDU als Koalitionspartner hat es noch nicht einmal für nötig gehalten, sich mit dem Thema inhaltlich auseinander zu setzen. Stattdessen wurde die saarl. CDU-Abgeordnete im Bundestag, Nadine Schön, von der Leine gelassen, um mal ordentlich auf die Pauke zu hauen. Frau Schön wurden Abitionen gemacht, Bildungsminister Commerçon in der nächsten Legislaturperiode abzulösen. In dieses Konzept passt auch die CDU-Strategie, Veranstaltungen für die Eltern von Schulkindern durchzuführen, um dabei offen oder verdeckt gegen den Minister zu intrigieren.
Das Saarland ist immer noch ein Notlagen-Land mit einem riesigen Schuldenberg. Bildungsminister Commerçon muss angesichts dieser Ausgangssituation auf kleiner Flamme kochen. Doch im Gegensatz zu seinen früheren saarländischen CDU-Amtskollegen will er sich nicht damit profilieren, auf Kosten der Bildung Lehrerstellen einzusparen. Angesichts der jüngsten Diskussion muss man jedoch feststellen, dass die CDU immer noch nichts dazu gelernt hat. Sie möchte Lehrerstellen abbauen statt neue zu schaffen. In den Köpfen der Konservativen spuckt immer noch eine Vorstellung von Bildung, die noch aus dem letzten Jahrhundert stammt. Wir haben es heute mit Schülerinnen und Schülern zu tun, die mit den traditionellen Methoden nicht mehr unterrichtet werden können. Kleine Klassen sind zwingend erforderlich. Inklusion und binnendifferenzierter Unterricht müssen gewährleistet sein. In jeder Schule sollte es mindestens eine Stelle für Schul-Sozialarbeit geben. Klassengrößen von bis zu 30 Kindern sind unter diesen Umständen eine Katastrophe: Lehrkräfte werden krank. Unterrichsausfälle häufen sich. Sehr viele gehen mit Einkommensverlusten vorzeitig in den Ruhestand. In dieser Situation Lehrerstellen abbauen zu wollen, bedeutet für die betroffenen Schulen so etwas wie eine Kriegserklärung.

Wozu 15 Punkte?

Masse statt Klasse

Nie zuvor wurde in Deutschland so oft Abitur gemacht. Bildungsforscher stellen einen “Trend zu mehr Bildung” fest. Die Abiturienten-Quote, so der jüngste Bildungsbericht des Deutschen Instituts für Pädagogische Forschung, sei inzwischen auf 57 Prozent gestiegen.Insider, die den Bildungsbetrieb kennen, wissen allerdings: Die Zahl der Bildungsabschlüsse hat rein gar nichts zu tun mit dem Bildungsniveau. Die Steigerung der Abiturquote ist viel mehr der Beweis für den schleichenden Niveauverfall des höchsten deutschen Schulabschlusses. Jedes Bundesland will steigende Abitur-Quoten, um damit den Erfolg der eigenen bildungspolitischen Anstrengungen unter Beweis zu stellen. Das Saarland setzt dabei neben dem Gymnasium vor allem auf alternative Wege zum Abitur wie Gemeinschaftsschulen, berufliche Oberstufengymnasien sowie Schulen in Abendform. Wir haben ausführlich berichtet über den enormen Aufwand, der betrieben wurde, um die Gemeinschaftsschulen als ebenbürtige Schulform neben dem Gymnasium zu positionieren. Das sture Festhalten an G8 dient letztlich ebenso dem Zweck, auf Dauer mehr Abiturienten zu produzieren. Auch das neue Notensystem an den saarländischen Gymnasien könnte diesen Trend fortsetzen.

Gedanken zur Benotung mit 15 Punkten

Für die Klassen 5 bis 9 der saarländischen Gymnasien gilt nach den Sommerferien das 15-Punkte-Notensystem der Gemeinschaftsschulen. Künftig wird nicht mehr mit 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) bewertet, sondern mit 0 (ungenügend) bis 15 (sehr gut). Das ist zunächst einmal nur eine andere Form, Leistungen darzustellen, die durch die Bezeichnungen sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft und ungenügend auch weiterhin zusätzlich in Worten ausgedrückt werden müssen (s. Tabelle unten).Punktnoten machen sicherlich keine besseren Noten. Doch sie senken die Hemmschwelle, Leistungen zu beschönigen. Problematisch wird es vor allem, wenn die Punktnoten mit den erzielten Leistungen nach Rohpunkten gleichgesetzt bzw. verwechselt werden. Gibt es beispielsweise für eine Mathematikarbeit maximal 15 Punkte, würde ein Schüler auf diese Weise mit 4 Punkten (s. Tabelle unten) noch eine ausreichende Leistung erzielen. Ausschlaggebend für die Einschätzung der Leistung sind jedoch Wertetabellen wie vor allem die Berliner Tabelle. Sie gibt vor, dass für eine ausreichende Leistung mindestens 45 Prozent der maximalen Punktzahl erreicht werden muss. Das wären in diesem Fall also 7 Punkte. Die erzielten 4 Punkte in der Mathematikarbeit würden demnach gerade noch so reichen für die Note mangelhaft (01 bzw 5-)!Rein subjektiv betrachtet, erscheint es auf jeden Fall wesentlich einfacher, 4 von 15 Noten-Punkten zu erreichen als die bisherige 4 aus den Noten 1 bis 6. Das könnte auch der Grund dafür gewesen sein, weshalb die Oberstufe, wo die 15-Punkte-Wertung schon seit langem besteht, geringfügig von dieser Regelung abweicht. Ein Kurs mit der Note 04 gilt dort – anders als in der Mittelstufe – als nicht bestanden.Lehrkräfte haben für ihre Bewertungen einen großen Spielraum. Sie sind nicht verpflichtet, sich an das Berliner Modell zu halten und können eigene Bewertungsmaßstäbe schaffen. Das 15-Punkte-Notensystem macht es ihnen auf jeden Fall leichter, dem steigenden Druck durch Schüler, Eltern und Schulleitungen nachzugeben, möglichst gute Noten zu erteilen. Was sonst sollte der Grund für die Einführung an den Gymnasien gewesen sein? Vorteile sind nicht ersichtlich. Für die Schulen und Lehrkräfte entsteht dagegen vor allem ein erhöhter Verwaltungsaufwand. Alle Zeugnisformulare im Bereich der Mittelstufe müssen neu konzipiert werden.Die Übernahme des Notensystems der Gemeinschaftsschulen für Klassen 5 bis 9 des Gymnasiums bedeutet zwar eine Angleichung beider Schulformen („auf Augenhöhe“), aber sie geht vermutlich zu Lasten der Bildungsqualität.

Petition für G9 wird im Landtag eingereicht

Die Wiedereinführung von G9 wird bei uns im Saarland von der Politik systematisch boykottiert. Obwohl immer mehr Bundesländer inzwischen das Turbo-Abi in 8 Jahren wieder abschaffen, um zu der alten Regelung zurückzukehren, wird das Thema von der saarländischen GroKo-Regierung bewusst verdrängt. Insbesondere die CDU blockiert alle Gespräche und lässt noch nicht einmal zu, G8 wenigstens teilweise zu entschärfen. Mit einem restriktiven Gesetz zur Stärkung der Bürgerbeteiligung, das klar die Handschrift der CDU enthält, war es für die Bürgerinitiative G9-Jetzt! völlig unmöglich, ausreichend Stimmen für eine Rückkehr zu G9 zu bekommen. Wer sich einmal die saarländischen Anforderungen an ein erfolgreiches Bürgerbegehren anschaut, kann nicht glauben, dass die Politik zu solchen Mitteln greifen muss, um ihre Macht zu zementieren. Um Privilegien zu sichern, ist ihnen jedes Mittel recht. Die jüngste Verfassungsänderung dieses Gesetzes wurde unisono von allen beteiligten Parteien getragen. Auch von der Saar-SPD und den Linken! Unsere Parlamentarier sichern sich selbst gegen die Bürger ab, von denen sie gewählt wurden.
Trotz alledem! Die Bürgerinitiative wird ihre Petition für G9 jetzt im Landtag einreichen. Ich wünsche ihr und allen betroffenen saarländischen Kindern und deren Eltern viel Erfolg! Vielleicht geschehen ja noch Wunder.

Muckraker

Stellungnahme der Bürgerinitiative G9-jetzt! zur Online-Petition

Die CDU-Saar in der Großen Koalition

Seit dem Jahre 2012 regiert im Saarland eine Große Koalition. Die CDU konnte mit den kleineren Parteien keine regierungsfähige Mehrheit schaffen und erreichte durch das Verhandlungsgeschick von Annegret Kramp-Karrenbauer das, was damals in großen Teilen der stramm links orientierten Saar-SPD nicht für möglich gehalten wurde: Es entstand eine saarländische GroKo.

Der ungeliebte Partner

Alle Hemmschwellen gegen ein solches Bündnis waren letztlich auch durch die Anpassungsfähigkeit des saarländischen SPD-Vorsitzenden Heiko Maas beseitigt worden. Erstmals wurde damit für die beiden großen Parteien eine Möglichkeit geschaffen, sich direkt alle Vorteile der Macht untereinander aufzuteilen. Und die SPD sitzt nach langer Zeit endlich mal wieder auf Regierungsbänken. Doch die Saar-CDU konnte sich bis heute nicht mit diesem Bündnis anfreunden. Sie hat, vom Erfolg verwöhnt, in der Geschichte des Saarlandes mit Abstand am längsten regiert. Das Land gehört ihr. Koalitionspartner gab es nur ab und zu mit den kleineren Parteien. Nun müssen die Christdemokraten zumindest teilweise auf ihre gewohnten Ansprüche (gute Jobs, Vorstandsposten, Ämter in der Verwaltung, üppige Altersversorgungen usw.) verzichten und mit dem ehemals politischen Gegner den Kuchen teilen. Aus dieser Grundeinstellung heraus entstand im Saarland eine besondere Ausprägung der GroKo. Obwohl in den Ländern Große Koalitionen inzwischen keine Seltenheit mehr sind, wird die SPD vom Koalitionspartner nirgendwo mit soviel Geringschätzung behandelt wie bei uns.

Die SPD in der GroKo

Die SPD ist zwar mit drei Ministerien an der Regierung beteiligt (Umwelt, Wirtschaft und Bildung), aber das lässt sich verschmerzen. Und Umweltminister Reinhold Jost (SPD) hat Narrenfreiheit, denn er könnte genausogut ein CDU-Minister sein. Der kleinere Koalitionspartner muss im Landtag alle Kröten der CDU-Mehrheit schlucken. Die Sozialdemokraten werden bewusst klein gehalten und dafür muss sich die CDU noch nicht einmal besonders anstrengen. Schließlich bleibt der SPD aufgrund der rapide fallenden Zustimmung in der Bevölkerung nur noch die Rolle des Juniorpartners der CDU. Und vor lauter Angst vor der Rückkehr zur Opposition, stehen die Genossen geschlossen zur CDU. Es gab in der Saar-Groko bisher noch keine einzige Gegenstimme aus den Reihen der SPD.

Der „Quertreiber“

Nicht so einfach ist das mit Bildungs- und Kulturminister Ullrich Commerçon. Er ist für die Christdemokraten so etwas wie ein rotes Tuch. Man kann ihm zwar auch Fehler vorwerfen, aber sein Stil entspricht so ganz und gar nicht dem vergangener CDU-Kultusminister, die ungeniert auf Kosten der Kinder, Eltern und Lehrer vor allem ihre Sparbestrebungen durchsetzen wollten. Zudem haben die Christdemokraten niemals die Schmach des Vierten Pavillion überwunden. Vier CDU-Minister waren an dem Skandalbau beteiligt (Jürgen Schreier, Annegret Kramp-Karrenbauer, Karl Rauber und Stefan Toscani). Erst dem ungeliebten SPD-Mann Commerçon gelang es, den Museumsanbau am 17. November 2017 endgültig zu eröffnen und daraus ein bedeutendes Landesmuseum zu schaffen. Elf Jahre waren seit dem Spatenstich vergangen. Der Saarländische Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft mussten sich mit mit Korruption, Misswirtschaft und Fehlentscheidungen im Umfeld der CDU-Minister beschäftigen. Ein Untersuchungsausschuss des Landtags befasste sich fünf Jahre (2012 bis 2016) mit der Affäre. Aber es gab in dem CDU-dominierten Ausschuss wie immer keine Konsequenzen, obwohl Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer damals offensichtlich die Unwahrheit sagte, als sie behauptete, von den Kosten nichts gewusst zu haben.

Kooperation – nein danke!

Die Groko sollte laut Koalitionsvertrag vor allem in Bildungsfragen zusammenarbeiten, doch die Schwarzen machen nur ihr eigenes Ding und versuchen dabei, dem roten SPD-Frontmann Commerçon möglichst viele Steine in den Weg zu legen. Von Kooperation kann keine Rede sein. Unabhängig vom Minister werden CDU-Veranstaltungen durchgeführt, die mit obskuren und unbezahlbaren Vorschlägen die CDU als die wahre Bildungspartei darstellen sollen. Man hat die große Bedeutung von Schulen und Hochschulen erkannt und versucht daraus zu Lasten des Koalitionspartners Kapital zu schlagen. Eine große Hilfe zu diesem Zweck ist die bildungspolitische Sprecherin der CDU im Bundestag, Nadine Schön. Ihre unmäßige Kritik an Bildungsminister Commerçon wird sogar in Teilen der CDU als unsachlich und unangemessen angesehen. Die Strategie besteht darin, erst mal abzuwarten bis Kritik am Bildungsminster entsteht (z.B. auch in Form der Brandbriefe zu schwierigen Schulverhältnissen) und dann auf ihn einzudreschen. Die CDU will dabei auch vertuschen, dass sie selbst Teil des Problems ist. Denn einerseits will sie sich zum „Retter der Bildung“ aufschwingen, andererseits sorgt sie dafür, dass Eltern und Lehrer niemals die Möglichkeit haben werden, ihre Wünsche zu verwirklichen. Die Christdemokraten sind maßgeblich für die Bedingungen des saarländischen Bürgerbeteiligungsgesetzes verantwortlich. Es ist das bürgerfeindlichste in ganz Deutschland. Alle bisher durchgeführten Volksbegehren bzw. Volksentscheide des Saarlandes sind gescheitert. Beim Volksbegehren für die Rückkehr zum 9jährigen Gymnasium wurden für die Eltern unüberwindbare Hürden aufgebaut. Bildungsminister Commerçon („nicht grundsätzlich abgeneigt“) versprach den Eltern, noch vor der Sommerpause mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss auszuhandeln. Doch Gespräche mit der CDU, wie sie auch ausdrücklich im Koalitionsvertrag vergesehen sind, haben offensichtlich niemals stattgefunden. Bis heute bleibt das Thema Schulzeitverlängerung für Gymnasien ungeklärt, obwohl bundesweit immer mehr Länder (sogar Bayern) wieder von G8 abrücken. Der Bildungsminister muss sich darüber im klaren sein: seine größten Widersacher kommen aus den Reihen der CDU, dem eigenen Koalitionspartner.

Arno Malburg

Konservative Bildungspolitik – das Armutszeugnis einer „christlichen“ Partei

Liebe Leserinnen und Leser, Ihnen wird sicher aufgefallen sein, dass sich PiSAAR in letzter Zeit seltener mit Bildungspolitik aber dafür um so häufiger mit den allgemeinpolitischen Machtverhältnissen im Saarland auseinandergesetzt hat. Um jedoch die Situation an den saarländischen Schulen und Hochschulen besser verstehen zu können, ist eine schonungslose Einschätzung der hiesigen politischen Kultur unumgänglich.

 

Die Blockadehaltung der CDU

Im Saarland herrscht eine Große Koalition mit einer übermächtigen CDU und einer schwachen SPD, die es sich allerdings in der GroKo inzwischen bequem gemacht hat. Maßgebliche SPD-Politiker wie beispielsweise der saarländische Umweltminister Reinhold Jost, der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind, der stellvertretende DGB-Vorsitzende Eugen Roth, SPD-Fraktionsführer Stefan Pauluhn und der saarländische SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Petry konnten sich gar nicht schnell genug für eine dritte GroKo in Berlin stark machen. Das Ergebnis dieser politischen Konstellation ist die Fortsetzung einer konservativen und rückwärts gewandten Bildungspolitik, wie sie im Saarland über Jahrzehnte vorwiegend von der CDU geprägt wurde. Obwohl die SPD in der GroKo mitregiert und auch das Bildungsressort besetzt, hat sich daran wenig geändert. Bildungsminister Ulrich Commerçon steht weitgehend allein auf weiter Flur und muss mühselig um die nötigsten finanziellen Mittel ringen. Von seinen SPD-Parteigenossen kann er nicht viel erwarten und CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer macht aus ihrer Abneigung gegen den kantigen SPD-Mann keinen Hehl. Schon bei der Regierungsbildung für die zweite GroKo hätte sie Commerçon am liebsten durch die saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Nadine Schön ausgebootet. Hinzu kommen Querschüsse von CDU-Innenminister Klaus Bouillon in der Frage des Standorts der Grundschule Besch. Und in der Auseinandersetzung um eine mögliche Rückkehr von G8 zu G9 (Abitur wieder in 9 statt in 8 Jahren) mauert die CDU ebenfalls. Obwohl sich der Bildungsminister in dieser Frage flexibel zeigt, ist die CDU noch nicht einmal bereit, sich mit dem Thema G9 auseinander zu setzen. Sie ignoriert den Elternwillen und lässt die saarländische Elterninitiative G9-Jetzt! mit ihrem Bürgerbegehren auflaufen. An den Bedingungen für ein gelingendes Bürgerbegehren hat die CDU maßgeblich mitgewirkt. Herausgekommen ist das bundesweit rückständigste Bürgerbeteiligungsgesetz. Im Saarland wurden bisher 5 Anträge auf Volksbegehren und 10 Bürgerbegehren gestellt, die alle scheiterten.

Abschottung, Ausgrenzung und persönliche Bereicherung

Zum Wesen konservativer Bildungspolitik gehört eine solche Missachtung des Bürgerwillens. Der Begriff „konservativ“ bedeutet soviel wie bewahrend und ist daher nicht unbedingt negativ zu sehen. Man kann sich beispielsweise dafür einsetzen, dass Werte wie Anstand, Höflichkeit und Pünktlichkeit nicht in Vergessenheit geraten sondern bewahrt bleiben. Doch darum geht es hier nicht. Was bei den Schwarzen vor allem bewahrt werden soll, sind die eigenen Privilegien. In keiner anderen Partei verfolgen die Mitglieder so ungeniert die persönlichen Interessen wie in der CDU. Um dies zu verdeutlichen, lohnt ein Blick auf die Seiten von Abgeordnetenwatch. Allein die CDU-Bundestagsabgeordneten (ohne CSU) hatten mit 24 Millionen Euro in der vergangenen Wahlperiode den weitaus größten Anteil aller Parteien an den meldungspflichtigen Nebeneinkünften. Dabei geht es allerdings nicht nur um viel Geld, gute Pöstchen und Macht, sondern letztlich um eine deutliche Abgrenzung nach „unten“. Die Pisa-Studien bescheinigen es uns immer wieder: Nirgendwo ist der Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft abhängig wie in Deutschland. Dieser traurige Rekord ist nicht zuletzt das Ergebnis konservativer Bildungspolitik. Notwendige Mittel werden einem Großteil der Bevölkerung vorenthalten. Kinder aus den sogenannten bildungsfernen Schichten bekommen nicht die erforderliche Unterstützung. So gehört beispielsweise das Saarland bis heute zu den Bundesländern mit den größten Klassen. Die Inklusion wurde zwar eingeführt, ist aber an den meisten Schulen nicht umsetzbar, weil die nötigen personellen, sachlichen und räumliche Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden. Es wird so getan, als gäbe es keine schwierigen Schüler. Die Lehrkräfte geraten immer häufiger in die Rolle von Sozialarbeitern, die Defizite in der Erziehung ausgleichen müssen. Unser Schulsystem ist für Problemkinder nicht ausreichend vorbereitet. Wer in Deutschland als Kind armer Eltern geboren wird, kann diesen Nachteil in der Regel nie mehr ausgleichen. Die Chance, ein Studium zu beginnen, ist für ein Kind geringqualifizierter Eltern ein Drittel so hoch wie für ein Akademikerkind. Konservative Bildungspolitik ist eine Fortführung der Feudalherrschaft früherer Jahrhunderte mit einer Ober- und Mittelschicht, die sich von der Unterschicht abschotten. Doch es scheint vielen Menschen nicht klar zu sein, dass für diese Politik der Abschottung nach unten gerade jene Partei verantwortlich ist, die sich als „Volkspartei“ bezeichnet und noch dazu das C für „Christlich“ im Namen trägt. Es handelt sich dabei aber wohl nur um ein Verständnis von Christentum, wie es sich die Katholische Kirche zu eigen gemacht hat: Sie schlug sich in ihrer langjährigen Geschichte immer wieder auf die Seite der Mächtigen und Reichen.

Lohngerechtigkeit unter Lehrkräften wird im Saarland eine Utopie bleiben

Es ist ein Missstand, auf den immer mal wieder hingewiesen wird, ohne dass etwas Entscheidendes passiert: Grund- und Hauptschullehrkräfte verdienen im Saarland weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen mit Realschul- oder Gymnasialausbildung.

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Die Schmierenkomödie

Der saarländische Landtag hat mit den Stimmen der Großen Koalition eine Rückkehr zu G9 (Abitur an den Gymnasien nach 9 Jahren) erwartungsgemäß abgelehnt. Die Elterninitiative G9-Jetzt! hatte die parlamentarische Auseinandersetzung mit dem Thema erzwungen, nachdem die meisten Bundesländer inzwischen wieder von G8 abgerückt sind und ein G9 zumindest teilweise ermöglichen. Lediglich das Saarland hält bisher stur und verbissen am Turbo-Abitur fest.

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