Einführung der Gemeinschaftsschule wird in Frage gestellt
Das Saarland hat Probleme mit der Lehrerversorgung. Die Situation hat sich offenbar so verschärft, dass es zweifelhaft ist, ob die Qualitätskriterien zur Einführung der Gemeinschaftsschule erfüllt werden können.
Die Zeichen stehen schlecht. Nachwuchskräfte, die nicht hier durch Haus oder Familie gebunden sind, wandern in die anderen Bundesländer ab. Dort bekommen sie eine höhere Eingangsvergütung, eine unbefristete Beamtenstelle, bessere Arbeitsbedingungen (kleinere Klassen und Kurse, besser ausgestattete Schulen) und jede Menge weitere Vergünstigungen, die das Saarland nicht bieten kann. Wer ein gutes Lehrerexamen in einer gefragten Fächerkombination gemacht hat, kann sich unter den wohlhabenden Bundesländern die beste Stelle aussuchen – wie im Katalog. Es gehört zu den größten Verwerfungen des deutschen Bildungsföderalismus, dass reiche Bundesländer ihren Bürgern bessere Schulen und besser ausgebildete Lehrkräfte bieten können als arme Schlucker wie das Saarland, das den Betrieb inzwischen nur noch durch den verstärkten Einsatz von Aushilfskräften aufrechterhalten kann.
Doch die Probleme sind größtenteils hausgemacht. Zumindest, was das Saarland angeht. Es war kein geringerer als unser ehemaliger Ministerpräsident Peter Müller, der sich anlässlich der Föderalismusreform I im Jahre 2006 mit den anderen CDU-Landesfürsten dafür stark machte, dass die Rahmenkompetenz des Bundes für die Besoldung, die Versorgung und das Dienstrecht der Landesbeamten wieder ausschließlich in die Kompetenz der Länder übertragen wurde. War die Besoldung bis dahin bundesweit noch überwiegend einheitlich geregelt, konnten die Länder von nun an nach Gutsherrenart wieder selbst festlegen, was sie ihren Beamten zahlen. Müller wird genau gewusst haben, dass er auf diese Weise das Saarland in eine gefährliche Konkurrenzsituation bringen wird. Er muss somit die negativen Folgen in Kauf genommen haben, um endlich auch den direkten Zugriff auf die Beamtenbezüge zu erhalten. Ein Beispiel ist die für dieses Jahr verordnete Nullrunde. Wurde vor der Föderalismusreform noch das Tarifergebnis im Öffentlichen Dienst regelmäßig auf die Beamten übertragen, können die Landesregierungen nun willkürlich festlegen, ob und in welcher Höhe eine Anpassung der Bezüge erfolgt.
Damit hat Müller seinem „Aufsteigerland“ einen Bärendienst erwiesen und dessen Überlebensfähigkeit einmal mehr in Frage gestellt. Unter diesen Umständen muss auch erneut überdacht werden, ob die Einführung der Gemeinschaftsschule angesichts der miserablen personellen Situation überhaupt noch möglich ist. Die Umstellung auf die neue Schulform bindet eine Menge Personal, das schon jetzt nicht vorhanden ist. Der Start der Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2012/2013 könnte ein gewaltiger Fehlstart werden.