Koalitionsvertrag Teil 2: Schul- und Bildungspolitik

Der Koalitionsvertrag enthält zum Thema Schul- und Bildungspolitik überwiegend reine Absichtserklärungen, allenfalls Leitlinien, von denen man zwar am Ende einer Regierungszeit überprüfen kann, was davon eingehalten wurde, die sich jedoch nicht erzwingen lassen.
Es ist insofern bezeichnend, dass in dem Vertragswerk mit keinem Wort erwähnt wird, wie das Hauptproblem, die katastrophale Personalisierungsnot an den saarländischen Schulen, bewältigt werden kann.

Lehrermangel
Es gibt auf jeden Fall schon mal eine Menge guter Vorsätze: Für die Grundschulen werden Klassengrößen von 22 Kindern (bisher 29) angestrebt, an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen soll die Schülerzahl in den Klassen 5 und 6 maximal 25 (bisher 29) und ab Klasse 7 bis zum Eintritt in die Oberstufe dann höchstens 27 (bisher 30, in Klasse zehn 33) betragen. Für die Gemeinschaftsschulen sind in der Einführungsphase (bis 2015) sechs Deputatsstunden vorgesehen, um ein pädagogisches Konzept zu entwickeln. Auch der hohe strukturelle Unterrichtsausfall an den saarländischen Berufsschulen soll abgebaut werden.
Würden diese Pläne tatsächlich umgesetzt, entstünde ein enormer Mehrbedarf an Lehrkräften. Doch wo soll das zusätzliche Personal her kommen, wenn schon jetzt – trotz Schülerrückgang – die Unterrichtsversorgung an vielen Schulen nicht mehr ausreichend gewährleistet ist? Immer mehr Unterricht wird im Saarland durch prekäre Arbeitsverhältnisse (Studenten, Seiteneinsteiger, Lehrer ohne Referendariat usw.) abgedeckt. Referendarinnen und Referendare werden zunehmend für den normalen Unterricht verplant (oft an mehreren Schulen), obwohl sie in der Ausbildung sind. Feuerwehrlehrkräfte kommen verstärkt zum Einsatz, sofern es sie überhaupt gibt.

Schlechtere Arbeitsbedingungen
Neu ausgebildete Lehrkräfte finden im Saarland denkbar schlechte Arbeitsbedingungen vor. Das Einstiegsgehalt ist immer noch um bis zu 350 Euro geringer als in anderen Bundesländern. Lediglich an den Berufsschulen, wo der Unterrichtsausfall am größten ist, wurde inzwischen auf diese Benachteiligung verzichtet.
Wer im Saarland anfängt, muss damit rechnen, in den ersten Berufsjahren bei geringer Lohneinstufung mit Teilzeit- oder befristeten Verträgen abgespeist zu werden.
Das Saarland gehört außerdem bundesweit zu den Schlusslichtern, was Klassengrößen und Lehrerarbeitszeit angeht. Kein anderes Bundesland gibt so wenig für seine Schüler aus. Auch der Anteil schwieriger und verhaltensauffälliger Kinder ist überdurchschnittlich hoch.

Überalterung und fehlende Altersteilzeitregelungen
Das Saarland hat bundesweit die ältesten Lehrer. 74 Prozent sind älter als 45 Jahre – die Hälfte sogar älter als 50. In keinem anderen Bundesland geben so viele Lehrkräfte vorzeitig auf. 38,9 Prozent erreichen wegen Dienstunfähigkeit nicht ihr Pensionsalter und müssen unter hohen finanziellen Einbußen vorzeitig in den Ruhestand gehen.
Das alles hat verheerende Folgen für die Unterrichtsversorgung. Der Krankenstand ist besonders hoch. Die Stunden der fehlenden Lehrkräfte müssen jedoch vertreten werden. Wer demnach selten krank ist, wird dafür bestraft. Mehrarbeit ist Pflicht und muss in bestimmtem Maße unentgeltlich geleistet werden. Das führt zu Überlastung und Frust. Folge: Der Krankenstand steigt zusätzlich. So entsteht ein Teufelskreis, der nur durch wirksame Altersteilzeitregelungen durchbrochen werden könnte. Diese wiederum fehlen im Saarland nahezu völlig. Es gibt lediglich eine Stundenermäßigung von maximal drei Stunden (ab einem Alter von 60 Jahren) bei einer Lehrverpflichtung von durchschnittlich 27 Unterrichtsstunden pro Woche. Das reicht jedoch nicht. Üblich sind Regelungen wie beispielsweise eine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte bei 80 Prozent des Lohns (Bundesbeamte).

Das sind gewaltige Aufgaben, denen sich der neue Bildungs- und Kulturminister Ulrich Commerçon stellen muss.
Wir wünschen ihm viel Erfolg und ein glückliches Händchen!

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